Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Theil 3 - S. 256

1880 - Stuttgart : Heitz
Neue Geschichte. 2. Periode. Spanischer Erbfolgekrieg. Im vollsten Ernste, wenn je der Tag unserer Trennung eintritt, so habe ich keinen glücklichen Augenblick mehr, und dann, schwöre ich Ihnen, will ich mich verschließen und kein lebendes Pesen mehr vor mir sehen." Bald darauf schloß sie einen andern Brief mit folgenden Worten: „Die Grausamen können über mich verfügen, was sie wollen, nichts wird mir empfindlich fallen, so lange mir nicht der Trost geraubt ist, meine liebe Freimund zu sehen. Ich betheure, ich will mit dieser Herzensfreundin bei Wasser und Brot zwischen vier Mauern leben, ohne zu murren; denn so lange Sie unverändert mir zugethan bleiben, giebt es für mich keine wahre Kränkung. Wer sollte nach solchen Versicherungen nicht glauben, daß die Freundschaft ewig gewährt haben würde? — Erst als die Königin Maria gestorben war, söhnte sich Wilhelm wieder mit seiner Schwägerin aus. Als nun der^spanische Erbfolgekrieg ausgebrochen war, wurde Marlborough nach dem festen Lande geschickt, um an der Spitze der Engländer und Holländer die Franzosen anzugreifen, während Prinz Eugen in Italien dasselbe that. Dieser Eugen gehörte zu den seltensten Männern. Im Felde that es ihm keiner an Ruhm zuvor; er war unerschöpflich in Auffindung von Hülfsmitteln, den Feind zu schwächen; während er, keine Furcht kennend, jeder Gefahr Trotz bot, blieb er zugleich mitten im Schlachtgewühl so ruhig und besonnen, als an seinem Stndirtische, und gab es keinen Krieg, so diente er seinem Kaiser durch seine Talente als Staatsmann. Was ihm aber die größte Ehre machte, war, daß seine großen Tugenden durch kein Laster, keine fehlerhafte Leidenschaft befleckt wurde. Er wurde nur von einer Leidenschaft bewegt: überall, wo er konnte, Gutes zu stiften, und darauf wandte er feine ganze Thätigkeit und seine ganze Zeit. — Sein Vater war ein Graf von Soifsons und stammte aus dem Hause Savoyen. Seine Erziehung erhielt er in Frankreich, wo sein Vater Statthalter der Champagne war. Wegen seiner Kleinheit und Schwächlichkeit wurde er zum geistlichen Stande bestimmt; aber dazu hatte er keine Lust, und immer lag ihm das Soldatenwesen im Sinn. Als er erwachsen war, bat er Ludwig Xiv. um ein Regiment; der aber klopfte ihm lächelnd auf die Schulter und rieth ihm, doch nicht an so etwas zu denken. Das kränkte ihn; er verließ Frankreich und bot dem Kaiser Leopold I., Ferdinands Iii. Sohn (1657—1705), seine Dienste an. Diese wurden freudig angenommen, und schon im ersten Feldzuge zeichnete er sich so aus,

2. Theil 3 - S. 87

1880 - Stuttgart : Heitz
Heinrich Viii. Tod der Anna Boleyn. 87 Holbein genannt worden ist und der nun mit der größten Heiterkeit den Todesweg ging. Dann hob Heinrich auch die Klöster auf und hätte dabei große Summen gewinnen können, wenn hierbei nicht so verschwenderisch verfahren und die meisten geistlichen Güter verschleudert worden wären. Daher sagte Kaiser Karl V. mit Recht: „Der König von England hat' die Henne todtgeschlagen, welche ihm die goldenen Eier legte;" denn nun fielen die reichen Abgaben weg, welche er bisher jährlich von den Klöstern und Stiftern erhoben hatte. Anna Boleyn hatte dem Könige indessen eine Tochter geboren, die nachher so berühmt gewordene Elisabeth. Aber noch war Heinrich kaum drei Jahre in Anna's Besitze, als er auch ihrer schon überdrüßig war und auf eine dritte, Johanna Seymour (sprich Simour), eine Hofdame der Anna, feine Neigung gerichtet hatte. Darauf hatten die Feinde der guten Anna lange gewartet. Feinde hatte sie, so freundlich und herablassend sie auch gegen jedermann war, genug, weil viele ihr ihren hohen Stand nicht vergeben konnten, und ihres Bruders Frau war die giftigste darunter. Diese erfüllte des Königs argwöhnisches Herz mit solcher Eisersucht, daß er die Anna zu verderben fest beschloß. Die Eifersucht brach aus, als ihr bei einem Turniere ihr Taschentuch entfiel und ein junger Höfling es ihr aufnahm. Anna hatte nämlich einen höchst muntern, heitern Sinn, so daß sie sich bei allem, was sie that, nichts Arges dachte; dabei war sie so weit entfernt von Hochmuth, daß sie mit allen, die sonst ihres Gleichen gewesen waren, eben so freundlich und zutraulich wie ehedem umging. Das alles hinterbrachte die schändliche Roch eso rd (sprich Roschsohr) dem Könige; jede freundliche Miene, jedes milde Wort, jede gutthätige Handlung wurde der Armen als Verbrechen gedeutet. Der König konnte ihr nicht vergeben, daß sie sich erlaubte, mit Leuten, die unter ihr ständen, ein freundliches Wort zu sprechen; sein Stolz fühlte sich aufs tiefste beleidigt, und ohne Verhör wurde sie plötzlich ergriffen und in den Tower geführt. Als sie das Gefängniß betrat, fiel sie auf ihre Kniee nieder, rief Gott zum Zeugen ihrer Unschuld an und bat ihn, sie so gewiß selig zu machen, als sie unschuldig sei. Hier zeigte sich wieder, wie an Höfen nur dem Glücklichen die allgemeine Gunst sich zuwendet. Kaum war Anna in Ungnade gefallen, als alle ihre bisherigen Verehrer und Freunde ihr den Rücken zuwandten, und nur ein einziger fand sich, der es wagte, für sie beim Könige zu sprechen.

3. Theil 3 - S. 99

1880 - Stuttgart : Heitz
Elisabeth. 99 und den Wissenschaften lebte. Aber auch hier wurde sie einige Jahre unter strenger Aufsicht gehalten; alle ihre Freunde wurden von ihr entfernt; ja sie durfte nicht einmal ohne Erlaubniß und Begleitung ihr Schloß verlassen. Nur durch die tiefste Ehrerbietung, die sie ihrer Schwester bezeigte, gelang es ihr, das Mißtrauen derselben zu besiegen und die Erlaubniß zu erhalten, auf ihrem stillen Landsitze in Freiheit zu leben, doch immer nur unter entfernter Aufsicht. Kam sie dann und wann nach London, so hatte ihre Schwester ihr auch gewiß bittere Kränkungen aufgespart. Sie behandelte sie als eine unechte Tochter ihres Vaters und wies ihr immer den Platz hinter den Frauen der Herzöge an. Jetzt, sobald Elisabeth den Tod ihrer Schwester erfuhr, eilte sie mit einem unnennbar frohen Gefühle nach London und wurde vom Volke jauchzend empfangen. Als sie in den Tower trat, übermannte sie die Erinnerung an die Zeit, die sie in diesem düstern Schlosse hatte zubringen müssen. Tief gerührt fiel sie auf die Kniee nieder und dankte Gott mit heißen Thränen für ihre Errettung aus den Händen ihrer Verfolger. Diese, fromme Rührung machte ihr Herz unempfindlich für die Gefühle der Rachsucht. Sie schien alles Gedächniß für früher ihr zugefügte Kränkungen verloren zu haben, und empfing selbst die, welche ihr früher alles Herzeleid angethan hatten, mit Freundschaft. Das gewann ihr natürlich aller Herzen. So oft sie sich öffentlich sehen ließ, strömte das Volk herbei, und die Gesprächigkeit und Herablassung, die sie bei solchen Gelegenheiten zeigte, machte sie zum Abgott des Volkes Elisabeth war damals 25 Jahre alt. Ohne eigentlich schön zu sein (denn sie war etwas breitschulterig und hatte eine zu große Nase), besaß sie außerordentlich viel Liebenswürdigkeit, die nie mehr bezaubert, als wenn sie durch hohe Geburt und Bescheidenheit noch mehr gehoben wird. Nur schade, daß sie so überaus eitel war. Sie hielt sich für ausnehmend schön *) und *) Man erzählt, sie habe einem berühmten englischen Maler befohlen, sie ohne allen Schatten zu malen, weil dieser die blendende Weiße ihrer Gesichtsfarbe verdunkle. Man hat noch eine von ihrem Kanzler geschriebene Bekanntmachung vom Jahre 1563, worin allen und jedem verboten wird, die Person oder auch das bloße Gesicht der Königin anders zu malen, zu zeichnen oder zu stechen, als nach dem Muster der schönsten Natur, weil Jhro Majestät bemerkten, daß viele ihrer getreuen Unterthanen mit dm in dieser Art Begangenen' Verunstaltungen unzufrieden wären und dieselben als eine sehr große Beleidigung ansähen. An diesem Versehen war die große Nase schuld, die sie, wenn auch

4. Theil 3 - S. 104

1880 - Stuttgart : Heitz
104 Neue Geschichte. 1. Periode. England. zwuugeues Wesen für Eitelkeit gescholten, und in dieser Strenge, mit der man sie beurtheilte, mag wohl zum Theil der Grund ihrer nachmaligen Vergehungen liegen. Indessen versah sie es allerdings darin, daß sie auf die Sittenstrenge der Schotten zu wenig Rücksicht nahm und manches that, was Anstoß gab. So lebte sie zuweilen wochenlang mit ihren Frauen in einem einfachen Bürgerhause ganz als Bürgerin, um sich von allen Geschäften und allem Zwange loszumachen. In ihrer hulflosen Lage mußte bei ihr der Wunsch rege werden, sich mit Elisabeth auszusöhnen, damit sie im schlimmsten Falle an ihr einen Rückhalt gegen ihre Feinde hätte. Sie ließ daher Elisabeth begrüßen und sie bitten, sie doch als nächste Verwandte zur Nachfolgerin zu erkennen; gern wollte sie dagegen allen gegenwärtigen Ansprüchen entsagen. Aber Elisabeth traute der Aufrichtigkeit Maria's nicht und gab ihr eine abweisende Antwort. Doch versöhnten sie sich wenigstens zum Scheine und wechselten seit dieser Zeit Briefe, so daß es schien, als wären sie Freundinnen geworden. Aber immer blieb Elisabeth in einer ängstlichen Spannung; denn der Gedanke an die Möglichkeit, daß Maria sich mit einem auswärtigen Fürsten vermählen könnte, ließ ihr keine Ruhe. Endlich rückte sie daher mit dem Vorschlage heraus: wenn Maria sich entschließen könne, den Robert Dndley, Grafen von Leicester (sprich Lester), einen Bruder des unglücklichen Guilford, zu heiratheu, so sei sie bereit, sie als Thronerbin anzuerkennen. Dieser Leicester war damals Elisabeths Günstling, und Elisabeth mochte theils durch diesen Vorschlag ihrem Liebling ein Glück bereiten wollen, theils hoffen, auf diese Weise sich vor Maria's Ränken sicher zu stellen. Indessen wurde sie bald auderu Sinnes, und als Maria sich zu der Verbindung bereit erklärte, machte Elisabeth Ausflüchte, und Maria war über dies doppelzüngige Benehmen nicht wenig verlegen. Nicht viel fehlte, so wäre es zu einem Bruche gekommen; um ihn zu verhüten, sandte Maria den Sir Jacob Melvil Nach London. Dies war ein munterer, gewandter Hofmann, und seine Königin hatte ihm befohlen, sich durch unterhaltende Gespräche in das Vertrauen der Elisabeth zu stehlen. Das gelang ihm denn auch so ganz, daß diese ihre Schwächen, besonders ihre große Eitelkeit, ihm ganz offen darlegte. Einmal erzählte ihr Melvil von seinen Reisen und den Trachten der Weiber in verschiedenen Ländern, welche Vorzüge jede hätte und durch welche die Schönheit und Gestalt besonders gehoben würde. Elisabeth hörte aufmerksam

5. Theil 3 - S. 105

1880 - Stuttgart : Heitz
Elisabeth. Maria Stuart. Melvil. Darnley. 105 zu und sagte endlich: sie hätte Anzüge aus allen Ländern. An dem folgenden Tage erschien sie bald in dieser, bald in jener ausländischen Tracht, und endlich fragte sie den Gesandten geradezu, in welchem Anzuge sie sich am besten ausnehme? „Im italienischen," antwortete der schlaue Hosmaun; denn er wußte, daß sie diesem vor allen den Vorzug gab, weil sie darin ihre fliegenden Locken zeigen konnte; und sie war auf ihre blonden, oder eigentlich röth-lichen Haare vorzüglich eitel. Nun legte sie ihm eine Menge Fragen vor: Welches ihm die beste Farbe von Haaren schiene? Ob die Haare seiner Königin oder die ihrigen schöner wären? Endlich fragte sie ihn sogar, welche von beiden überhaupt die Schönste wäre? Melvil lachte innerlich über diese Eitelkeit. Schnell faßte er sich aber und antwortete sehr klug: „Jhro Majestät sind die Schönste in England, und meine Königin in Schottland." Ferner fragte sie, welche von ihnen ant größten wäre? — „ Meine Königin," antwortete Melvil. — „O!" erwiederte Elisabeth, „dann ist sie zu groß; denn ich habe gerade die beste Größe." Da sie von ihm gehört hatte, daß Maria manchmal die Laute'spielte, auf welcher Elisabeth Meisterin zu sein glaubte, so befahl sie eines Tages einem ihrer Höflinge, er solle den Gesandten wie zufällig in ein Zimmer führen, wo er sie hören könnte. Melvil merkte die Absicht, und, seinem angenommenen Charakter treu, stürzte er, wie entzückt von den süßen Tönen, in das Zimmer der Königin, die sich zwar anfänglich unwillig stellte, aber doch nachher fragte, ob er sie ober Maria für eine größere Meisterin halte. Daß Melvil ihr den Vorzug gab, versteht sich von selbst; ttttb als er nach Schottland zurückkehrte, konnte er seiner Königin versichern, daß Elisabeth es nie mit ihr gut meinen würde uttb daß alle ihre Freunbschaftsversicherungen. nichts als Falschheit und Verstellung wären. Bald sctnb sich auch eine Gelegenheit, die Wahrheit biefer Behauptung zu erfahren. Elisabeth schlug Maria vor, den Sohn des Grasen Lenox, Heinrich Darnley (sprich Därnli) zu hei-rathen. Lenox, von Geburt ein Schotte und ein Verwandter des Hauses Stuart, hatte seit lange in England gewohnt, wo auch fein Sohn geboren war. Das Alter und der Abel seiner Familie und der Wunsch der Elisabeth empfahlen bett Darnley vorzüglich, obgleich die Schotten, weil er katholisch war, die Verbinbnng nicht wünschten. Darnley war jetzt in feinem 20. Jahre, schön von Wuchs und Gesicht und von einnehntenbetn Betragen, so daß

6. Theil 3 - S. 276

1880 - Stuttgart : Heitz
276 Neue Geschichte. 2. Periode. Rußland. m Rußland allgemein, und eine alte tüchtig geschminkte Hofdame gefiel daher den Russen am besten. Nachdem er mit den Damen, die nach damaliger Sitte steif geschnürt waren, getanzt hatte, wandte er sich an Lefort und sagte mit Verwunderung: „Wie teufelsharte Knochen haben doch die deutschen Frauen!" Einst rief er einer ihm auf der Straße begegnenden Dame ein donnerndes „Halt!" zu. Erschrocken bleibt sie stehen. Er greift nach der Uhr, die sie um den Hals hängen hat, öffnet sie, besieht das Werk und ließ die bestürzte Dame nun ihren Weg ruhig fortsetzen. In Berlin ärgerte er sich über die große Allongenperücke, ein Prachtstück für 300 Thaler, die der Hofmarschall trug. Er riß sie ihm vom Kopfe und warf sie in einen Winkel. Nun kam er nach Amsterdam. Auf diese Stadt hatte er sich am meisten gefreut; denn für die Holländer hatte er eine große Vorliebe. Um unerkannt zu bleiben, kam er 14 Tage früher als die Gesandtschaft. Aber man erkannte ihn doch, und der Magistrat bot ihm eine schöne Wohnung an. Er aber wählte ein ganz kleines Haus und legte die Kleidung eines holländischen Schiffszimmermanns an. Er wohnte eines Tages der Sitzung der Generalstaaten bei. Da er aber sah, daß aller Blicke auf ihn gerichtet waren, sprang er auf und rannte stürmisch aus dem Saale. Am meisten lag ihm daran, hier das Schiffbauen zu lernen. Amsterdam gegenüber lag das Dorf Zaaudam, wo 700 Windmühlen stehen und großer Schiffbau getrieben wird. Dahin begab er sich bald. Auf der Ueberfahrt sah er ein Fischerboot. Er erkannte in dem Fischer einen alten Bekannten, den er einst in Rußland gesehen hatte. Treuherzig schüttelte er ihm die Hand. „Höre! ich will bei dir wohnen!" rief er. Der Mann entschuldigte sich; er hätte nur eine Hütte mit einer Stube und Kammer. Das half alles nichts ( der Fischer mußte mit seiner Frau in die Kammer ziehen und Peter nahm die Stube ein. Das Haus steht noch. Nun ging er mit leinenen Beinkleidern und kurzer rother Friesweste ans Arbeiten. Man wußte wohl, wer er eigentlich sei; aber er konnte nicht leiden, wenn man es merken ließ. Man nannte ihn Peter Baas; er ließ sich einschreiben als Peter Michaelow; als solcher kam er alle Morgen, mit dem Beile in der Hand, auf die Schiffswerste, zimmerte wie ein gemeiner Arbeiter, fragte nach allem und versuchte alles. Selbst in der Schmiede arbeitete er mit, und seine Kammerherren mußten die Kohlen zulangen. Wie verwünschten diese den sonderbaren Geschmack ihres Ezars, der sie

7. Theil 3 - S. 296

1880 - Stuttgart : Heitz
296 Neue Geschichte. 2. Periode. Rußland. 107. Peters des Grotzen letzte Regierungsjahre. — Katharina I. — Peter Ii. — Anna Jwanowna. So lange der große Czar lebte, hörte er nicht auf, neue Einrichtungen zu machen, Mißbrauche abzuschaffen und an der Bildung seines Volks kräftig zu arbeiten. Um neue Ideen dazu zu sammeln, reiste er gern in andere Länder. Einmal zog er auch nach Pyrmont ins Bad. Der Graf von Waldeck bewirthete ihn ganz prächtig und fragte ihn zuletzt, wie ihm sein. Schloß gefalle. „Recht gut!" antwortete Peter, „es hat nur einen großen Fehler: die Küche ist zu groß angelegt." — Im Jahre 1716 machte er in Begleitung seiner Gemahlin Katharina eine größere Reise, auf der er auch sein geliebtes Holland wieder besuchte. Hier wurde er mit einer feierlichen Rede empfangen. Der Redner hatte in den pomphaftesten Ausdrücken gesprochen. „Ich danke Ihnen," antwortete Peter; „aber ich habe Sie nicht verstanden. Mein Holländisch^ lernte ich beim Schiffbau in Zaandam; doch diese Sprache lernte ich nicht." Auch jetzt strich er fleißig auf den Schiffswerften umher und besuchte alle Sehenswürdigkeiten. Stundenlang sah er den Malern in ihren Werkstätten zu. Dann reifte er nach Paris. Ludwig Xiv. war kurz vorher gestorben. Sein Urenkel, Ludwig Xv. (1715—74), ein siebenjähriges Kind, war jetzt König. Als dieser königliche Knabe Petent besuchte, nahm ihn dieser ohne Weiteres ans die Arme, küßte ihn und sprach: „Ich wünsche, Sire, daß Sie wohl aufwachsen und einst löblich regieren mögen! Vielleicht können wir mit der Zeit einander nützlich fein." Wie mochten die Franzosen über biefe Verachtung aller Etiquette die Nasen rümpfen! — In Paris fand Peters Wißbegierde noch mehr Nahrung als in Holland. Aus einer Anstalt eilte er zur andern, besuchte die Fabriken, die Gelehrten und Künstler, und machte bei den letzteren große Bestellungen. Als er in die Kirche kam, in welcher der kluge Richelieu begraben lag, umarmte er dessen Bildsäule und rief: „Großer Mann, dir würde ich die Hälfte meiner Staaten gegeben haben, um die andere Hälfte von dir regieren zu lernen." Seine Spazierfahrten führten ihn auch nach St. Cyr, wo Frau von Maintenon in Ruhe lebte. Sie war unpäßlich und verbat sich anfangs den Besuch. Aber Peter bestand darauf, „^ch muß," sagte er, „der Frau meine Hochachtung erweisen, die es so gut mit dem Könige und dem Reiche gemeint, und wenn sie

8. Theil 3 - S. 308

1880 - Stuttgart : Heitz
308 Neue Geschichte. 3. Periode. Preußen. Friedrichs I. Sohn, Friedrich Wilhelm I., folgte 1713 und starb 1740. Welch ein sonderbarer Mann! Die Ordnung, Sparsamkeit und Thätigkeit selbst, aber-tyrannisch und jähzornig in hohem Grade. ' Ääs Erste, was er nach seiner Thronbesteigung that, war, daß er die vielen unnützen Hofleute abschaffte, in allen Stücken Ersparungen vornahm und davon die Schulden bezahlte. Kein Bürger konnte mäßiger leben, als der König. Er begnügte sich mit Hausmannskost und seine Uniform war oft abgetragen genug. Zwar spotteten manche über ihn, aber daraus machte er sich nichts; denn er hielt es wohl für eine Schande, Schulden zu haben,' nicht aber, wirthlich zu leben. Bald waren auch wirklich die vielen Schulden seines Vaters bezahlt, und nun legte er zurück, damit sein Nachfolger einen Schatz vorfände. Dabei war er den ganzen Tag thätig; kein Beamter war sicher, daß er nicht selbst nachsah, und wehe dem, der seinen Zorn rege machte! Bei dem geringsten Widersprüche hieß es: „Räsonnir' Er nicht!" und war man nun nicht still, so setzte es Faustschläge, Stockprügel und Fußtritte, und vor diesen Mißhandlungen waren selbst seine Gemahlin und Kinder nicht sicher. Des Abends erholte er sich mit einigen gleichgesinnten Generalen im sogenannten Tabakscollegium. Da wurde dermaßen Tabak geraucht, daß man vor Qualm kaum die Lichter brennen sah; die Unterhaltung war dabei nicht die feinste und der König erlaubte sich selbst oft die gröbsten Späße. Seine Hauptliebhaberei waren große Soldaten. Seine Garde bestand fast aus lauter Riesen, und als sein Nachfolger sie später größtentheils verabschiedete, haben sich wirklich die größten davon als Riesen für Geld sehen lassen. Wo er nur von einem großen „Kerl" hörte, da mußte er ihn haben und hätte er ihn sollen mit Gewalt entführen lassen. Wollte ihm ein anderer Fürst eine rechte Freude machen, so schickte er ihm einige recht große Leute. Einmal ließ er einem besonders langen Bauerkerle, der aber etwas schiefe Beine hatte, diese zerbrechen und dann gerade heilen, um ihn zur Garde brauchen zu können, und einen andern Riesen kaufte er für 5000 Reichsthaler. Aber er hatte diese Riesen nur zur Spielerei, nicht zum Kriegführen, ließ sich daher auch nur selten und höchst ungern in einen Krieg ein, und wenn er Hülfstrnppen stellen mußte, schärfte er dem Fürsten Leopold von Dessau, der sie anführte, ein, sie ja zu schonen. Dieser Fürst, den man den alten Dessauer zu nennen pflegte, war ein Mann ganz nach Friedrich Wilhelms Sinn; rauh wie der König, ein Feind aller Wissen-

9. Theil 3 - S. 310

1880 - Stuttgart : Heitz
310 Neue Geschichte. 3. Periode. Preußen. dem Geiste jener Zeit. Dann erhielt er männliche Aufseher, den General von Finkenstein und den Oberst von Kalkreuth. Die Leitung seines Unterrichts übergab man einem Franzosen, aber einem sehr braven Manne, Duhan de Jandun, der in das junge Herz seines Zöglings eine hohe Achtung für Tugend pflanzte. Auch andere Lehrer mußten den heranwachsenden Knaben unterrichten; nur der Unterricht in der Religion war höchst mittelmäßig, und dies war die Ursache, daß Friedrich auch nachmals nicht so warm für Religion eingenommen war, als man ihm wohl hätte wünschen mögen. Nicht leicht hat wohl jemand eine so harte Jugend wie Friedrich gehabt, obgleich sein Vater ihn anfangs zärtlich liebte. Er zeigte als Knabe und Jüngling großen Hang zu allen stillen und sanften Beschäftigungen. Lesen war sein Hauptvergnügen; aber ob ihn gleich der König im 13. Jahre zum Hauptmann ernannt hatte, so waren ihm doch alle Kriegsübungen zuwider. Kaum merkte dies der Vater, so bezeigte er seinen lebhaften Unwillen, und da dies nichts änderte, so fing er an, den ihm so ungleichen Sohn förmlich zu hassen?) Sogar als Friedrich schon erwachsen war, wurde er noch vom Vater nicht nur wacker geschimpft, sondern selbst bei den Haaren herumgezogen und mit Füßen getreten. „Fritz ist ein Querpfeifer und Poet," pflegte er zu fagen; „er macht sich nichts aus den Soldaten, und wird mir meine ganze Arbeit verderben." Dazu kam noch, daß der häusliche Friede zwischen dem Könige und der Königin zuweilen gestört war, was jederzeit auf die Kinder vom unglücklichsten Einflüsse ist. Es gab damals zwei Parteien am Hofe; eine, die sich an Oestreich und den Kaiser hielt, an ihrer Spitze der König, und eine englisch-hannöversche, welcher die Königin als eine geborene Prinzessin von *) Eines Tages war der geschickte Flötenspieler Quanz, der am dresdener Hofe lebte und mit der Erlaubniß der Königin jährlich zweimal nach Berlin zum Unterrichte des Kronprinzen kommen durfte, bei demselben. Beide spielten Flöte; Friedrich hatte die Uniform ausgezogen und dafür einen goldstoffenen Schlasrock und einen Haarbeutel angelegt. Plötzlich hörten sie den König kommen. Quanz sprang mit Noten und Flöten in ein zum Ofenheizen bestimmtes Kämmerchen, und der Prinz warf schnell den Schlafrock ab und fuhr in die Uniform. Dennoch mußte er vom Könige eine scharfe Strafpredigt anhören, weil der Haarbeutel bemerkt wurde; der Schlafrock wurde ins Feuer geworfen, und die vorgefundenen Bücher dem Buchhändler zurückgeschickt. Erst nach einer Stunde war der ge-ängstigte Quanz erlöst.

10. Theil 3 - S. 377

1880 - Stuttgart : Heitz
Katharina Ii. Maria Theresia. Franz I. 377 fehle treu ausgeführt habe. In der Stadt Cherson, wohin auch der Kaiser Joseph Ii. kam, um mit der Kaiserin sich zu besprechen, fand sie eine zahlreiche, für diese Tage dahin beschiedene Bevölkerung und den Hasen wimmelnd von Schiffen, die ans Potemkins Befehl herbeigesegelt waren. Statt daß seine Feinde ihren Zweck erreichten, setzte ihn diese Reise noch fester in ihrer Gunst. Darin hat er sich auch bis an seinen Tod, der ihn 1791 plötzlich traf, erhalten.*) Katharina lebte fünf Jahre länger, bis 1796, und hinterließ den Ruhm, viele nützliche Anstalten für ihr großes Reich entworfen und ausgeführt zu haben. So wenig auch alle ihre Handlungen zu entschuldigen sind, so war sie doch eine große Frau. Sie suchte so viel sie vermochte, selbst zu sehen, und arbeitete unablässig mit ihren Ministern. Im Kreise ihrer Familie war sie die liebenswürdigste und sanfteste Mutter von der Welt, und erzog ihre Enkel und Enkelinnen, die sich durch hohe Liebenswürdigkeit auszeichneten, so sorgfältig, als wenn sie gar keine andere Lebensaufgabe gehabt hätte. Obgleich nicht von großer Gestalt, war ihre persönliche Erscheinung doch voll Majestät; ihr Antlitz und der Blick ihrer blauen Augen trugen den Ausdruck der Freundlichkeit. Man hat sie nicht unpassend die Semiramis des Nordens genannt. Noch jetzt steht ihr Andenken in Rußland im Segen. Selten kommen große Frauen auf Thronen vor, weil es an sich der weiblichen Bestimmung entgegen ist, über Länder und Völker zu gebieten. Um so merkwürdiger ist es, daß zu gleicher Zeit zwei so große Kaiserinnen herrschten. Maria Theresia (1740—80) ist schon oft von uns erwähnt worden, und hier nur einiges über ihren Charakter und ihre Regierungsart nachzuholen. Seit ihrem 19. Jahre war sie mit Franz von Lothringen, Großherzog von Toskana, vermählt, und führte mit ihm eine überaus glückliche Ehe; denn sie hatten sich von Kindheit auf gekannt und sich aus wahrer Neigung geheirathet. Bald nach dem Antritt ihrer Regierung hatte ihn Maria Theresia zum Mitregenten in den östreichischen Ländern angenommen, und noch während des östreichischen Erbfolgekrieges war er unter dem Namen Franz I. zum deutschen Kaiser gewählt worden, 1745—1765. Er war ein guter, braver Mann, der aber freilich nicht die Fähigkeiten zum Regieren *) Potemkin wurde auf einer Reise von dem Herannahen des Todes überfallen. Man breitete schnell einen Teppich auf den Boden an der Landstraße, und hier verschied der Fürst in den Armen seiner Nichte, der Gräfin Branitzka.
   bis 10 von 87 weiter»  »»
87 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 87 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 0
1 6
2 2
3 3
4 4
5 10
6 0
7 1
8 0
9 2
10 67
11 2
12 5
13 0
14 0
15 1
16 5
17 0
18 0
19 0
20 6
21 0
22 1
23 1
24 1
25 2
26 2
27 7
28 1
29 1
30 0
31 11
32 0
33 20
34 2
35 0
36 0
37 38
38 1
39 4
40 0
41 0
42 1
43 2
44 0
45 29
46 3
47 2
48 0
49 1

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 20
1 246
2 20
3 48
4 23
5 26
6 22
7 50
8 226
9 108
10 8
11 11
12 38
13 55
14 42
15 85
16 261
17 1122
18 14
19 145
20 141
21 82
22 59
23 281
24 16
25 26
26 46
27 12
28 101
29 62
30 17
31 36
32 29
33 12
34 44
35 117
36 48
37 38
38 58
39 338
40 43
41 63
42 79
43 86
44 18
45 221
46 37
47 13
48 27
49 14
50 30
51 71
52 153
53 5
54 37
55 84
56 95
57 4
58 39
59 31
60 104
61 5
62 13
63 25
64 73
65 34
66 11
67 70
68 76
69 48
70 23
71 87
72 14
73 14
74 88
75 78
76 107
77 391
78 50
79 13
80 88
81 19
82 199
83 60
84 26
85 66
86 62
87 160
88 120
89 30
90 83
91 65
92 640
93 20
94 429
95 17
96 79
97 54
98 517
99 7

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 0
1 0
2 1
3 2
4 1
5 2
6 1
7 2
8 0
9 1
10 0
11 1
12 2
13 1
14 0
15 0
16 1
17 0
18 0
19 2
20 0
21 0
22 5
23 0
24 0
25 1
26 0
27 0
28 1
29 1
30 0
31 1
32 0
33 28
34 1
35 1
36 0
37 0
38 0
39 3
40 3
41 1
42 0
43 9
44 0
45 1
46 0
47 0
48 2
49 12
50 1
51 2
52 0
53 0
54 0
55 0
56 0
57 0
58 4
59 29
60 0
61 1
62 3
63 1
64 7
65 8
66 0
67 0
68 1
69 0
70 0
71 0
72 0
73 4
74 2
75 1
76 0
77 1
78 0
79 2
80 0
81 21
82 0
83 0
84 0
85 2
86 0
87 0
88 0
89 1
90 0
91 2
92 0
93 0
94 0
95 0
96 0
97 1
98 1
99 0
100 14
101 0
102 6
103 1
104 0
105 0
106 5
107 0
108 0
109 1
110 2
111 7
112 1
113 0
114 0
115 2
116 8
117 0
118 1
119 0
120 0
121 0
122 0
123 4
124 1
125 2
126 0
127 3
128 4
129 1
130 0
131 2
132 2
133 1
134 0
135 0
136 10
137 1
138 0
139 0
140 1
141 0
142 0
143 2
144 0
145 1
146 0
147 0
148 1
149 0
150 5
151 2
152 7
153 0
154 3
155 4
156 3
157 5
158 1
159 0
160 0
161 0
162 0
163 3
164 0
165 2
166 34
167 1
168 1
169 2
170 0
171 0
172 5
173 10
174 0
175 18
176 1
177 13
178 0
179 3
180 0
181 3
182 3
183 13
184 0
185 1
186 0
187 1
188 1
189 0
190 0
191 1
192 0
193 0
194 0
195 0
196 10
197 1
198 2
199 2